Heute haben wir mal wieder richtig Glück. Die Sonne scheint aus allen Knopflöchern und die zu fahrenden Kilometer halten sich in Grenzen. Nachdem wir uns fertig gemacht haben können wir es auch kaum noch erwarten auf die Atlantikstraße zu kommen.
Obwohl man die Straße in ein paar Minuten abgefahren hat, halten wir uns fast 2 Stunden hier auf. Auf jedem Parkplatz machen wir einen Stopp um das nächste beste Bild zu bekommen. Nachdem wir nun auch jede Haltebucht persönlich begrüßt hatten, ging der Weg weiter Richtung Trollstigen.
Auf dem Weg dahin blinkt mit lautem Getöse eine Warnlampe im Cockpit auf. Öl! Verdammt, sowas passiert uns nur im Urlaub. Zuletzt vor ein paar Jahren in Italien. Ansonsten musste ich noch nie Öl nachfüllen. Die nächste Tankstelle ist 15 Kilometer entfernt. Ich kriege Panik. Doch zwei Minuten später erblicke ich Zapfsäulen an der nächsten Ausfahrt. Gleich hin da und…. Tankstellenhäuschen zu. Hier wird auch überall nur mit Karte direkt an der Säule bezahlt. Wer braucht da noch einen Tankwart?
Ich fahre also wieder auf die Straße und erblicke gegenüber ein… tja, könnte ein Autohaus sein. Türen jedoch zu, Laden dunkel und auf dem riesigen Parkplatz 5 Autos. Ich versuche es einfach mal. Die riesige Schiebetür öffnet sich widererwartend bereitwillig. Als ich die riesige Halle betrete trifft mich fast der Schlag. Nur amerikanische Protzkarren stehen da sauber aufgereiht Spalier und blicken mich mit ihren riesigen Kühlern fragend an. Dodge RAM, Ford Eskalade, Chevrolet Silverado, alles Riesenkarren wo man zum Öl kontrollieren eine Leiter braucht.
Ehrfürchtig stolziere ich die lange stille Halle hinunter und störe 3 Verkäufer in ihren verglasten Büros beim Kaffee trinken. Einer nimmt sich meiner an und fragt was ich möchte. Ich schildere mein Problem und frage ob er mir mit Service helfen kann. Etwas arrogant fragt der Verkäufer genau nach was für ein Auto ich fahre, welcher Motor, welches Baujahr. Mit seiner Tasse in der Hand bittet er mich etwas zu warten und verschwindet im hinteren Bereich der Halle. Währenddessen winke ich Ilona rein. Das muss sie sehen. Ich frage die sehr nette Dame hinterm Tresen ob ich Fotos machen dürfte. Solche Autos bekommt man nicht jeden Tag zu sehen. Schon gar nicht auf einem Haufen. Sie weiß es auch nicht so genau und fragt nach. Eine Minute später kommt sie lächelnd wieder und nickt meinen Wunsch ab. Ilona und ich posieren abwechselnd an den imposanten Schlitten bis mein Öl kommt. Der Verkäufer erklärt noch im Detail welches Öl er mir verkauft. Wovon ich jedoch nur die Hälfte verstehe. Und teuer ist es auch nicht. Da hatte ich Schlimmeres erwartet. Netter Laden denke ich mir als wir uns verabschieden und gehen. Sah erst gar nicht danach aus.
Unsere Fahrt geht weiter Richtung Trollstigen. Diese Passstraße von 1936 verläuft stellenweise einspurig den Hang mit 12% Steigung hinauf, oder herunter, und ist nahezu noch im ursprünglichen Zustand erhalten. 12 Kehren und 400 Höhenmeter wollen bezwungen werden. Als wir an der Passstraße ankommen, ist mir noch gar nicht bewusst was da auf mich zu kommt. Wir halten auf einem Stellplatz am Fuße der Trollstigen und blicken den Berg hinauf. Nicht enden wollend schlängelt sich die Straße wie eine Schlange den Hang hinauf. Mir wird schlecht und Angstschweiß bildet sich auf meiner Stirn. OK, vielleicht ist es gar nicht so schlimm. Andere fahren hier schließlich auch hoch und runter. Hunderte Reisebusse und Wohnmobile schlängeln sich täglich im Schneckentempo die Serpentinen hinauf. Ilona klopft mir Mut machend auf die Schulter. Das ist jetzt unser Weg und es gibt kein Zurück.
Jetzt gehen mir die ganzen Schäden meiner Autos durch den Kopf. Hält der Motor das aus, ist genug Öl drauf, wie alt ist der neue Antriebsstrang mittlerweile, sind die Bremsen noch in Ordnung, was machen meine Stoßdämpfer… doch dann haben wir die ersten Kehren schon passiert. Trotzdem weiß ich nicht wann ich das letzte Mal so viel Angst hatte. Ilona sitzt fast auf meinem Schoß und klammert sich an den Haltegriff des Busses. Wenn wir einen Abgang machen kann sie damit das Auto festhalten. Jede Faser meines Körpers will hier nicht mehr sein. Ich bete auf ein Ende dieser Tortur.
Dann wird der Verkehr auf einer steinalten Brücke angehalten und der Gegenverkehr durchgelassen. So am Hang stehend frage ich mich ob ich hier wieder weg komme. Hält meine Kupplung das jetzt aus? Als der Gegenverkehr endlich durch ist dürfen auch wir die schmale uralte Brücke passieren. Nach unendlichen Minuten erreichen wir den Aussichtspunkt mit zitternden Knien und schweißnassen Händen. Wie andere Touristen aus lauter Spaß, hier mehrmals rauf und runter fahren können, bleibt mir ein Rätsel. Wir sparen uns den Spaß und sind froh endlich oben zu sein.
Für heute wollen wir nur noch zum Geirangerfjörd und hoffen das der Weg hier weiter geht und nicht wieder zurück. Wir lassen uns zeit am sehr beeindruckenden Aussichtspunkt, machen Fotos, kaufen unseren Kühlschrankmagneten, eine kalte Cola und weiter geht’s. Zum Glück nicht wieder die Serpentinen runter. Wobei so ganz ohne Serpentinen geht’s wohl nicht mehr. Die nächsten kilometerlangen Strecken schlängeln sich alle durch Schluchten an Bergmassiven entlang und auf die höchsten Gipfel. Zwischendurch werfe ich mal einen Blick den Hang hinunter und bereue es sofort wieder. Mir wird schwindelig. Also nicht runter gucken.
Die Landschaft durch die wir fahren ist wieder ein bunter Mix durch aller Herrenländer. Ein bisschen Schweiz und die Alpen, ein Stück durch die Wüste Arizonas, durch einen kanadischen Wald und eine kurze Strecke durch die Schottischen Highlands.
Nach etlichen Kehren und Kurven am Berg entlang erreichen wir plötzlich und unerwartet den Geirangerfjörd. Laut Navi wären wir noch gar nicht da. Doch an der Straße stehen Autos und es ist ein Haufen Volk unterwegs und macht Fotos. Ups, wir sind schon da. Direkt vor uns in der Kehre ist ein Aussichtspunkt von dem man einen schönen Blick über den größten und schönsten Fjord Norwegens hat.
Das Wetter spielt immer noch mit und wir erleben einen unvergesslichen Ausblick. Unten im Tal sehen wir den Ort Geiranger und im Wasser liegt ein Kreuzfahrtschiff. Herrlich. Wir geben den nächsten Campingplatz im Navi ein und werden direkt runter in den Ort geschickt. Und wieder befahren wir schmale Straßen und unzählige Kehren. Mir reicht’s langsam mit der Kurverei. Von oben entdeckt Ilona schon die ersten Stellplätze. Doch alle Campingplätze hier sind „full“. Der Ort entpuppt sich als das St. Tropez Norwegens. Fette Wohnmobile, Reisebusse, First Class Hotels und eben überfüllte Stellplätze an der Straße. Das ist nichts für uns und wir fahren weiter.
Natürlich den Berg wieder rauf. Nach einem erlebnisreichen Tag ist das echt ermüdend und wir brauchen langsam unsere Ruhe. Eine gute Stunde weiter halten wir an einem kleinen Campingplatz im Wald. Leer, netter Check In, Elektrik und eine „big shower“. Wir schlafen wie Bären.
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