Von Kungsör nach Kristinehamn
In der Nacht war Bambule auf dem Campingplatz. Ständig wurden irgendwelche Autotüren auf und zugeschlagen. Ein junges Pärchen hatte gegenüber unseres Stellplatzes geparkt und sind runter zum Wasser. Im 5 Minuten Tackt ist immer jemand zurück zum Auto gekommen und hat gesucht, eingeladen, ausgeladen… keine Ahnung was die für ein Auftrag hatten. Gezeltet haben die nicht. Heute Morgen war der Platz wieder frei.
Aber gut, unser Problem war fehlendes Internet. Gestern Abend habe ich noch eine Straßenkarte auf dem Laptop öffnen können und fotografiert. Ilona beharrt aber darauf eine Straßenkarte zu kaufen. Ich beschwöre sie, dass wir sowas im digitalen Zeitalter hier in Schweden nicht bekommen werden. Wann hat man auch das letzte Mal eine Straßenkarte gekauft? Ich habe noch eine von Deutschland im Auto von 1900-schlagmichtot. Auto und Ausrüstung ist aber wieder vollständig und aufgeladen.
Wir müssen unsere Routen sowieso überdenken. Weg von der Autobahn und den befestigten Wegen. Hätte man sich eigentlich auch denken können. Ilona sucht uns ein Fleckchen in der Nähe von Kristinehamn heraus. Nicht einmal 150 Kilometer weg. Da sind einige Seen und laut Karte keine Hauptverkehrsstraßen. Wir laden die Route herunter solange wir noch WLAN haben. Vorher noch einmal Tanken für alle Fälle. Das wir zumindest nicht stehen bleiben. Der Tank war zwar noch halb voll, kann aber nicht schaden.
Während Ilona tankt gehe ich ins Tankhäuschen auf der Suche nach einer Straßenkarte. Das war aber nur eine spartanisch eingerichtete Werkstatt. Hier scheint es so Garnichts zu geben. Der Werkstattmeister kommt herein und sieht mich fragend an. „i look for a roadmap“ gebe ich ihm zu Verstehen. Der ölverschmierte Monteur guckt mich fragend an. „A Roadmap?“ Danach hat wohl die letzten Jahre niemand mehr gefragt. Er geht zielstrebig auf den Kassentresen zu und zieht aus einem Stapel Papier eine nagelneue Straßenkarte. Ich bin sprachlos. Ich schlage die Karte kurz auf und frage wo wir genau sind. Er zeigt mit dem Finger darauf und will zurück in seine Werkstatt. Ich frage was er denn dafür bekommt. Wieder sieht er mich fragend an. „It’s free!“ sagt er und lächelt. „It’s free!?“ wiederhole ich laut und kann mein Glück kaum fassen. Nicht das ich mir die Karte nicht leisten könnte, aber wann bekommt man in Deutschland schon mal wie selbstverständlich was geschenkt?
Ich bedanke mich beim netten Monteur und muss mich bei Ilona entschuldigen. Nicht nur das es hier Straßenkarten gibt, die sind auch noch umsonst. Ein bisschen erleichtert machen wir uns weiter. Nach gut 100 Kilometern verlassen wir die Hauptstraßen und fahren in sämtliche Feldwege hinein die auf dem Weg liegen. Aber „ …am Ende der Straße liegt ein Haus am See…“ wo ein Feldweg ist, ist auch ein Haus. Schon am Briefkasten an der Straße zu erkennen. Immer wieder parken wir und gehen die schmalen Wege zu Fuß ab. Haben schließlich kein Offroad Paket am Auto.
Irgendwann geht Ilonas Plan dann aber doch auf. Wir finden einen großen Stellplatz mitten im Wald am Wegesrand. Als wir aussteigen sehen wir einen schmalen Trampelpfad durch den Wald der bis ans Wasser reicht. Sollten wir mal Glück haben? Ist das jetzt unser Platz den wir schon seit 5 Tagen gesucht haben? Das wird er sein. Wie ein kleines Kind reiße ich vor Freude die Arme in die Luft. Das ist das Schweden was wir gesucht haben. Mitten im Wald an einem See. Allein in der Natur. Wir sind mit Sicherheit nicht die ersten hier, aber heute die einzigen.
Mittlerweile war es 14.30 Uhr. Das Wetter ist durchwachsen. Unterwegs kleine Regenschauer dann wieder sonnig. Jedenfalls wird es langsam zeit fürs Frühstück. Wir breiten uns mit Tisch, Stühlen, Campingkocher, Frühstück und Kaffee am Ufer aus und genießen die Stille der Natur. In der Ferne sägt einer Holz. Der wird aber sicher bald Feierabend machen. Und so ist es dann auch. Als die Säge verstummt, hört man nichts mehr. Kein plätscherndes Wasser, keine raschelnde Blätter, keine Vögel. Nach zwei, drei Stunden zieht dann doch etwas Wind auf und kleine Tropfen fallen vom Himmel. Nichts zum weglaufen. Würde man die Kreise auf dem Wasser nicht sehen, man würde kaum was mitbekommen vom Regen.
Wir machen uns erstmal keine Gedanken, sollten wir aber. Als der Regen heftiger wird, verkriechen wir uns mit Tisch und Stühlen unter die Bäume. Unerwartet platzt dann aber der Himmel auf. Kirschgroße Tropfen platschen auf unser Frühstück. Wir packen was wir packen können, springen den schmalen Pfad hinauf, werfen alles in den Bus, hüpfen hinein und schmeißen die Tür zu. Wie Akrobaten in unwürdiger Stellung hängen wir über den Matratzen. Der Regen prasselt ohrenbetäubend aufs Auto und wir versuchen krampfhaft einen bequemen Platz zu finden. Ich fange also an, in gebeugter Haltung, den ganzen Kram in einigermaßen Ordnung zu verwandeln. Man ist das eng hier. Als man wieder die Füße voreinander setzen kann, legen wir die Matratzen aus und machen es uns gemütlich.
Der Regen verschwindet genauso schnell wie er gekommen war. Wir nutzen die Regenpause um das restliche Essen vom Vortag aufzuwärmen. Ab und zu fallen noch ein paar Tropfen von den Bäumen, sonst ist aber alles wieder ruhig und trocken. Gegen 21.00 Uhr verkriechen wir uns schon ins Bett.
Draußen ist es uns zu ungemütlich. Jedoch scheint es hier kaum dunkel zu werden. Ich sehe bis 23.00 noch den hellgrauen Himmel. Stockduster habe ich Schweden noch nicht erlebt. Oder wir verschlafen das. In der Nacht kracht es nochmal richtig, das wir beide wieder wach werden. Der Regen klatscht monsunartig aufs Dach. Und plötzlich ist wieder Ruhe. Nicht ein Tropfen mehr. Komisch ist das hier. Wir schlafen ein. Irgendwann werde ich kurz wach, und es ist immer noch hell, oder schon wieder. Dunkle Nächte gibt’s hier wirklich nicht.
Tolle Urlaubserlebnisse, wären gerne dabei gewesen aber Regen und Mücken sind nicht unser Ding
Hi, Dietmar, Regen hätte etwas weniger sein können. Schön war es trotzdem. 🙂