Von Wagenhausen nach Allensbach
Wir haben die Nacht nicht gefroren. Zumindest nicht bis in den Morgenstunden. Nach dem Frühstück packen wir zusammen und können es kaum erwarten weiter zu kommen.
Diese Etappe lässt sich wirklich sehr gut fahren. Fast die beste Etappe. Bis auf einige kleine Hügel fast eben. Wobei ich bei der kleinsten Anhöhe fast schlapp mache. Mehr als 6-7 km/h kriege ich nicht mehr hin. Mir brennt der Hintern und ich zähle die Speichen meines Vorderrades. Aber wir kommen gut voran.
Es geht durch weite Felder gesäumt von Mais und grünen Wiesen. Ruck zuck sind wir wieder in Deutschland. Geld wurde auch langsam knapp in der Schweiz.
Wir machen einen kurzen Stopp an einer kleinen Kapelle. Essen ein paar Kekse und unterhalten uns mit älteren Herrschaften um die 80. Sehr angenehm solche Pausen und Gespräche. Man wünscht uns weiterhin eine gute Reise und wir strampeln weiter.
An einem netten Plätzchen direkt am See bekommen wir einen Tisch in einer Strandbar. Wir bestellen Wiener Würstchen mit Brot. Eine Wohltat. Die haben richtig gut getan und waren sehr lecker. Auch die Bedienung hatte sichtlich Spaß an ihrem Job. Nicht förmlich aber sehr erfrischend und souverän. Gekünstelte Freundlichkeit mag ich sowieso nicht. Wir bestellen noch zwei kleine Radler, bekommen aber große. Ilona setzt der Alkohol etwas zu. Toll, jetzt muss ich mich nicht nur mit meinem Muli abkämpfen, sondern auch noch mit einer besoffenen Frau.
Die letzten Kilometer schaffen wir trotzdem. Wir erreichen unser Ziel und fragen nach einen Stellplatz. Gebucht hatten wir nicht. Der Platzwart kommt und bittet uns kurz zu warten. Wir warten eine Stunde, es passiert nichts. Ich versuche mich im Gras zu entspannen, Ilona sitzt genervt auf der Veranda. Irgendwann kommt er wieder um die Ecke und mault uns auch noch an. Er hat nur noch einen Platz auf der Jugendwiese und wir sollten uns bloß nicht beschweren. Das ist der richtige Patient für Ilona, die sich dann auch erstmal Luft macht. Mit seinem Humor kommen wir irgendwie nicht klar.
Wir nehmen den Platz und quetschen uns bei lauter Musik und feiernden jungen Menschen zwischen einen Haufen Zelte die in der Gegend stehen wie Pilze. Kaum Platz hier durchzukommen. Mit unseren Rädern nicht und schon gar nicht mit dem Hänger. Den tragen wir mehr oder weniger zum Platz.
Egal jetzt. Eine Nacht, dann geht es weiter. Durchgeschwitzt machen wir uns zur Badewiese und springen erstmal zur Abkühlung ins Wasser.
Gegen 18.00 Uhr wollten wir uns schick machen für einen Restaurant Besuch. Aber der Campingplatz entpuppt sich als eine Drecks- und Bruchbude. In den Duschen stinkt es nach Urin, die Pinkelbecken sind aus der Wand gerissen und duschen darf man nur mit Wertmarken die wir vorher kaufen müssen. Jedoch, für dreckige Duschen bezahlen wir nicht. Hier soll ich meine Zähne putzen? Mir wird Angst und Bange. Das Bodensee Bad muss heute reichen zum sauber machen.
Dabei hatte der Platz so einen guten Eindruck gemacht als wir ankamen. Eine schöne Anlage mit großer Badewiese, die Rezeption Top modern, alles digital und Platzmarken die wir gut sichtbar am Zelt platzieren sollen, alles wird mit Walki Talkis geklärt. Gleich am Eingang eine fette Liste von Regeln die wir gerne einhalten. Aber hinter dem Tor… Außen hui, innen pfui. Wie abgebrüht muss man sein um sich das freiwillig anzutun? Klar können Toiletten und Duschen auch mal schmutzig werden. Nach dem Putzen ist vor dem Putzen. Aber hier wurde seit Stunden nicht gesäubert und die Wiese ist gerammelt voll mit Menschen die nun mal die Sanitären Anlagen nutzen müssen. Der Putzplan sollte hier dringend überarbeitet werden.
Wir müssen erstmal weg hier und radeln zum nächsten Strandlokal. Wir bekommen noch einen schönen Platz im Schatten direkt an der Strandpromenade. Wir bestellen so viel Essen, dass die sehr nette Bedienung große Augen bekommt und uns vorwarnt, weil die Portionen nicht klein sind. Wir zweifeln kurz, bleiben aber dabei. Das Essen ist gut und wir futtern alles auf. Hinterher noch einen fetten Eisbecher… wusste gar nicht, dass wir so ausgehungert waren.
Mit Widerwillen geht’s zurück auf den Campingplatz. Da man hier noch nicht mal eine Kabeltrommel ausleihen kann, setzen wir uns in den verwahrlosten Aufenthaltsraum um unsere technischen Geräte aufzuladen. Alles dreckig und kaputt hier. Gegen 22.00 Uhr verkriechen wir uns in unser Domizil. Kein Platz vorm Zelt quetschen wir alles hinein.
Die Jugend um uns herum benimmt sich recht sinnig und außer ein paar lauten Gesprächen und Gelache gibt es hier nicht wirklich was zu meckern. Die Jungs und Mädels wollen ja auch Urlaub machen. Wir schlafen erstaunlich gut. Am nächsten Morgen springen wir aus unserem Zelt, packen alles in Windeseile zusammen und gegen 9.00 Uhr sind wir schon wieder unterwegs. Ohne Frühstück, ohne Kaffee.
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